Wohlstandsversprechen gegen Demokratieabbau - kein anderes Thema beschäftigt die Menschen derzeit so wie das Freihandelsabkommen TTIP. Während sich Befürworter hohe Profite versprechen, befürchten Kritiker eine Aushölung der Demokratie. Die Enthüllungen (Leak) über den Verhandlungsstand des Freihandelsabkommen TTIP lassen die Befürchtungen der Kritiker scheinbar mehr als wahr werden.
Die "Süddeutsche" berichtet heute über den aktuellen Verhandlungsstand und zeichnet dabei ein desaströses Bild von unseren Politikern. Zitat: ...gewaltig ist offenbar auch das Nichtwissen von Spitzenpolitikern, die öffentlich über dieses Abkommen reden und es wortreich verteidigen. Entweder sie kennen den Verhandlungsstand nicht (wie er sich aus den veröffentlichten Papieren ergibt) oder sie lassen die Öffentlichkeit darüber bewusst im Unklaren...
Und weiter schriebt die "Süddeutsche" (Zitat): ...Die EU-Kommission in Brüssel und die große Koalition in Berlin haben beispielsweise so getan, als sei die Idee, private Schiedsgerichte für die Investitionsstreitigkeiten einzurichten, seit September 2015 begraben. Es wurde bekannt gegeben, dass nun supranationale öffentliche Gerichte mit ordentlichen Richtern eingerichtet werden sollen. Es wurde so getan, als sei TTIP der Giftzahn gezogen worden.
Nur: Das stimmte und stimmt nicht. Es gibt zwar einschlägige EU-Vorschläge, die aber von den Amerikanern rundweg abgelehnt werden; es wurde noch gar nicht darüber verhandelt...
Wer derart im Geheimen tagt und den Menschen nicht die Wahrheit sagt, der verspielt das Recht, im Namen der Menschen handeln zu dürfen. Ein faires Freihandelsabkommen, welches sich um die Angleichung von bisher unterschiedlichen Industrienormen und die Abschaffung von Zöllen dreht, was den Zugang der Firmen zu den öffentlichen Ausschreibungsverfahren und Aufträgen sichert, ja, das wäre für die deutsche Wirtschaft als Export-Weltmeister sehr sehr wichtig. Und dafür müssen wir uns auch engagieren.
Die Einführung von privaten Schiedsgerichten aber ist in einem funktionierenden Rechtsstaat völlig unnötig. Wenn keine Schutzstandards für Verbraucher, Arbeitnehmer, Umwelt und Lebensmittelprodukte in Gefahr sind, warum wird dann im Geheimen genau darüber verhandelt ? Bedeuten verhandlungen nicht immer Kompromisse? Also sind auch Absenkungen möglich...
Und ein solches Abkommen auch noch als "living agreement" ausgestalten zu wollen und damit die Gesetzgebungsrechte der Parlamente möglicherweise zu beschneiden, zeigt ein völlig falsches Demokratieverständnis: in den Augen der Verhandlungsführer scheint es zu heißen "nur was gut ist für die Konzerne ist auch gut für die Menschen" - regulatorische Kooperation nennt man das? Was heißt das heißt: Wieder in wieder geheimen Zirkeln (sog. Expertenausschüsse) werden Gesetzesvorhaben der Parlamente VORAB geprüft. Und entweder bewilligt oder als dem Abkommen "nicht förderlich" eingestuft. Das wiederum birgt die Gefahr, dass Konzerne vor den Schiedsgerichten klagen können. Das hat mit der Demokratie, die wir kennen und lieben, nichts mehr zu tun.
Lesen sie die aktuellen Enthüllungen hier und bilden sie sich selbst eine Meinung
Auch viele andere Medien, wie z.B. die ARD-Tagesschau kommen zu dem Schluss, dass europäische Schutzstandards massiv gefährdet sind.
Die französische Regierung hat auch klar Position bezogen (nachzulesen hier). Das würden wir uns von der GroKo auch wünschen, statt zu versuchen, uns ständig mit inhaltslosen Versprechungen zu beschwichtigen...