Die nordhessischen Jusos kritisieren die von Lasse Becker, dem Bundesvorsitzenden der Jungen Liberalen, geforderte Rente mit 75 Jahren als unsoziale Forderung.
„Die Erhöhung des Renteneintrittsalters bedeutet de facto nichts weiter als eine weitere massive Rentenkürzung. Das lehnen wir entschieden ab. Schon jetzt ist das durch diverse Rentenkürzungen zu erwartende Bruttorentenniveau für viele Arbeitnehmer deutlich zu niedrig. Lasse Becker fordert also im Klartext, einen weiteren massiven Anstieg der Altersarmut. Das ist nicht generationengerecht, sondern schlicht ungerecht,“ erklärte Oliver Schmolinski, Bezirksvorsitzender der nordhessischen Jusos.
Arbeitnehmer würden erheblichst belastet
Die von Becker im Gespräch mit der „Welt“ geforderte Umgestaltung des Rentensystems zu mehr (privater) Kapitaldeckung und weniger gesetzlicher Umlagefinanzierung, bedeutet nach Ansicht der Jusos, eine erhebliche zusätzliche finanzielle Belastung der Arbeitnehmer, die mehr Geld für private Vorsorge aufwenden müssen, um die sinkende gesetzliche Rente, die paritätisch von Arbeitnehmern und Arbeitgebern finanziert wird, auszugleichen. Gleichzeitig bedeutet „mehr Kapitaldeckung“ nach dem Riester-Renten-Prinzip, eine weitere massive Entlastung der Arbeitgeber, die nämlich nichts in die private Riester-Rente einzahlen.
Frontalangriff auf gesetzliche Rentenversicherung
„Lasse Becker nimmt damit einen Frontalangriff auf die gesetzliche Rentenversicherung vor und versucht die Arbeitgeber aus der Verantwortung für die Altersvorsorge ihrer Arbeitnehmer zu entlassen. Wir halten das für falsch. Wer eine menschliche Arbeitskraft nutzt und von ihrem erwirtschafteten Mehrwert profitiert, hat auch die Verantwortung dafür, dass der Mensch, der diese Arbeitskraft Jahrzehntelang erbracht hat, im Alter menschenwürdig und gut leben kann“, so Schmolinski weiter.
Kapitaldeckung steigert Risiken und macht Rente unsicherer
Auch die Einschätzung von Lasse Becker, dass „eine auf Kapitalaufbau basierende Altersvorsorge mehr einbringt als unser jetziges Umlagesystem“ ist nach Ansicht der Jusos schlicht falsch. Gerade die Riester-Rente beweist mit ihren schlechten Konditionen genau das Gegenteil. Zumal bei der Entwicklung der Kapitalmärkte und ihren erheblichen Risiken, wie die Finanzkrise zeigt, eine kapitalgedeckte Altersvorsorge immer ein Risiko ist, während die gesetzliche Umlagefinanzierung, schon aufgrund der Staatsgarantie erheblich sicherer ist. Schließlich wurde nicht umsonst 1957 von CDU und SPD das bis dahin kapitalgedeckte Rentensystem zu Gunsten des umlagefinanzierten Systems umgebaut, weil das kapitalgedeckte System massiv Altersarmut produzierte.
„Wieso sollen wir heute ein System wieder einführen, das in der Vergangenheit krachend gescheitert ist? Wir brauchen nicht mehr Kapitaldeckung, sondern mehr Umlage. Dazu muss endlich das Dogma der Beitragsstabilität der gesetzlichen Rente aufgegeben werden und das Rentenniveau in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) wieder steigen. Das ist allemal für die Arbeitnehmer preiswerter und weniger risikobehaftet, als immer mehr private Altersvorsorgeversicherungen bezahlen zu müssen“, führte Oliver Schmolinski abschließend aus.