"Obwohl Fahrradfahren umweltfreundlich und gesund ist, wird Fahrradverkehr von der Bundesregierung immer noch als unbedeutende Größe in der Verkehrspolitik betrachtet," erklärt die zuständige Berichterstatterin der SPD-Bundestagsfraktion Ulrike Gottschalck (MdB aus dem Landkreis Kassel).
Die Antworten der Bundesregierung (Drucksache 17/9110) auf eine kleine Anfrage zum Stellenwert des Fahrradverkehrs würden belegen, dass von der Bundesregierung keine wichtigen Impulse ausgehen. Während Länder und Kommunen längst die Chancen des Radverkehrs erkannt hätten, stehe der Bund auf der Bremse. Nachdem in den letzten zwei Jahren bereits die Haushaltsmittel für den Radverkehr massiv reduziert wurden, werde nun im Ministerium das Personal, welches für den Radverkehr zuständig ist, zusammen gestrichen. Von den nur noch sechs Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hätten zwei befristete Arbeitsverträge, die zum 31.12.2012 auslaufen. Wie die Bundesregierung dann mit nur noch 4 Personen die notwendigen Aufgaben zur Förderung des Radverkehrs erfüllen wolle, bleibe offen. Offen bleibe ebenfalls, ob die Haushaltsmittel für 2013 wieder erhöht werden.
Anstelle sich als Impulsgeber für Fahrradverkehr zu profilieren, verweise die Bundesregierung immer wieder auf die Zuständigkeit der Länder und Kommunen. Diese könnten Mittel der Städtebauförderung nutzen, die Bundesregierung verschweige dabei jedoch, dass auch die Mittel der Städtebauförderung ebenfalls drastisch gekürzt wurden. Zur Infrastruktur und einer nachhaltigen integrierten Verkehrspolitik formuliere die Bundesregierung nur allgemeine Plattitüden oder Selbstverständlichkeiten. Zudem gebe es bei der Bundesregierung keinerlei Zukunftsvisionen, wie sie die Förderung des Radverkehrs nach dem Jahr 2019 sicherstellen will, wenn die Mittel des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (Finanzhilfen des Bundes zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den Kommunen) komplett wegfallen.
Für komplette Verwirrung - auch in Expertenkreisen - sorgten die Aussagen zur Helmpflicht für Pedelecs und E-Bikes. Während der Verkehrsgerichtstag noch eine Helmpflicht für die schnellen E-Bikes oder Speed-Pedelecs bis zu 45 Stundenkilometer empfohlen habe, führe die Bundesregierung aus, dass dies bereits geltendes Recht sei. "Fakt ist, dass es schnell bundeseinheitliche Lösungen geben muss, damit die Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrer wissen woran sie sind. Was ist beispielsweise ein "geeigneter" Helm? Die Bundesregierung wurde vom Boom der Elektrofahrräder offensichtlich etwas überrollt", erklärt Gottschalck abschließend.
Ergänzung vom 18.4.12:
Sicherheit statt Polemik
„Die Kritik von Bundesminister Ramsauer an Fahrradfahrern in Deutschland ist polemisch und wenig hilfreich“, erklärt die Bundestagsabgeordnete Ulrike Gottschalck, die auch zuständige Berichterstatterin für Radverkehr der SPD-Bundestagsfraktion ist. Der Bundesminister sollte keine einseitigen Statements abgeben, sondern sich für eine an den tatsächlichen Zahlen orientierte Verkehrssicherheitsarbeit einsetzen.
„Sicherlich gibt es auch bei den Radfahrern "Verkehrsrowdies", allerdings auch bei anderen Verkehrsteilnehmern.“ Und auch die Abgrenzung sei falsch, denn viele Autofahrer seien häufig auch Fußgänger oder eben Radler. Für alle gelte zudem die Straßenverkehrsordnung mit Paragraph 1: Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.
In der Tat hätten sich im letzten Jahr die Zahl der Verkehrsunfälle mit tödlich verunglückten Fahrradfahrern deutlich auf 398 erhöht. Über 50 Prozent davon hätten sich jedoch außerhalb von geschlossenen Ortschaften ereignet, wo meistens keine Fahrradwege vorhanden seien. „Genau hier hat aber Ramsauer 30 Prozent der Bundesmittel gekürzt. Wenn er wirklich etwas für Verkehrssicherheit tun will, muss er diese Kürzungen rückgängig machen und den Radwegebau besser fördern“, fordert Gottschalck.
Wichtig wäre auch in „Überlebenstechniken“ zu investieren, um tödliche Unfälle mit Fahrradfahrern und Fußgängern zu vermeiden. Viele tödliche Unfälle ereigneten sich beispielsweise, weil LKWs Radfahrer beim Abbiegen übersehen. Mit einer Technik ähnlich einer elektronischen Einparkhilfe könnten Menschenleben gerettet werden.
„Fahrradfahren ist eine gesunde und umweltfreundliche Alternative zum Auto und muss weiter gefördert werden“, sagt Gottschalck. Anstelle polemischer Äußerungen solle Ramsauer den Fahrradverkehr nicht immer noch als unbedeutende Größe in der Verkehrspolitik betrachten. Die Antworten der Bundesregierung (Drucksache 17/9110)auf ihre kleine Anfrage zum Stellenwert des Fahrradverkehrs belegten leider, dass von der Bundesregierung keine wichtigen Impulse ausgehen.